Donnerstag, 26. März 2020

Antigua unter Corona-Einfluss

Die letzten Tage haben wir in einer Art Schockstarre verbracht. Aus unserer Motivation uns Antigua und Barbuda noch ein wenig anzusehen ist nichts mehr geworden. Auch den Anflug so schnell wie möglich noch nach Sint Maarten zu segeln um weiter zu kommen, mit noch einem Funken Hoffnung unsere geplanten Gäste Heike und Jenny doch noch empfangen zu können, haben wir rechtzeitig gestoppt. Wir sind sehr froh dass wir auf Antigua gelandet sind. Immer mehr Menschen haben sich auch auf den karibischen Inseln mit dem Virus infiziert. Dadurch wurden die Maßnahmen auf allen Inseln und an den Festlandküsten von Tag zu Tag verschärft. Mit unserem Boot dürfen wir quasi nirgendwo mehr einreisen. Wir sind hier in der Marina gut aufgehoben. Der Hafen ist sicher und wir haben hier sehr gute Versorgungsmöglichkeiten. Wichtig für uns ist auch die Internetverbindung um immer auf dem aktuellen Stand zu sein und um mit Freunden und Verwandten telefonieren zu können. Mittlerweile wissen wir auch von mehr als hundert Yachten die irgendwo festhängen. Viele Skipper sind nun allein, weil die Crews nicht mehr einreisen dürfen. Viele Familien leben hier auf ihren Yachten und wissen oft nicht mehr weiter. Diese vielen Segler haben sich über Whats App gefunden und tauschen neue Infos aus und planen eine gemeinsame Rückfahrt. Über diese Gruppe wird auch der deutsche Generalkonsul informiert und die Bundespolizei See versucht ebenfalls zu unterstützen. Die allgemeine Presse hat das Problem der deutschen Segler nun auch in ihre Berichterstattungen aufgenommen. 
Alle Einschränkungen und viele kleine, teils komische Stories möchte ich hier gar nicht weiter erläutern. Wichtig ist für uns, dass wir eine Entscheidung fällen die für uns machbar ist. Meinen geplanten Heimflug von Bermuda musste ich leider stornieren. Sowohl der Hafen als auch der Flughafen sind gesperrt und wenn wir uns von hier aus auf den Weg machen, wäre nach Bermuda zu segeln auch ein Umweg. Flüge von Antigua aus sind nun auch nicht mehr möglich. Das Auswärtige Amt versucht zwar einen Rückholflieger für die Ostkaribik zu organisieren, es sieht aber nicht so aus, als würde das in nächster Zeit gelingen. Hinzu kommt dass unter diesen Umständen ja auch niemand einreisen kann um Thomas auf dieser sehr langen Reise zu begleiten.
Viele Entscheidungsparameter beschäftigten uns Tag und Nacht. Das Schiff auf einer Hurrikaneinsel an Land stellen und nach Hause fliegen, ohne zu wissen ob man danach wieder einreisen kann und das Schiff im November hier dann noch steht. Wassermacher kaufen, einbauen und und.... Die mittlerweile menschenleeren Traumstrände interessieren uns im Moment auch nicht mehr so doll. Die Gedanken sind zu Hause und auf unsere Rückreise gerichtet.
In der Jolly Harbour Marina

Stand heute werden wir zu zweit nach Deutschland segeln. Das ist eine große Herausforderung weil die Inseln, die man üblicherweise anläuft, geschlossen sind. Sehr schön ist, dass die Azoren vier Häfen für die Segler vorbereiten um nach vorheriger Genehmigung Wasser, Diesel und Lebensmittel aufzunehmen. Niemand darf das Land betreten und man wird danach aufgefordert, weiter zu segeln. Das ist schon mal eine große Erleichterung. Bis zu den Azoren segelt man zwischen 19 und 25 Tagen, wenn alles gut geht. Wenn dass Wetter passt und das Boot alles aushält. Eigentlich ist man nach solch einem Törn froh, mal ein paar Tage auszuspannen. Wir müssen dann aber weiter Richtung englische Südküste. Dazu braucht man zwischen 10 und 12 Tage. Dort hoffen wir auf einen offenen englischen Hafen. 
Dazu haben wir aber noch keine Infos. Dann kommt der Kanal und die Nordsee bis Cuxhaven. Entweder wir fahren über den Dortmund - Ems - Kanal nach Hause oder über den Nord-Ostsee-Kanal in die Ostsee und lassen das Schiff im folgenden Winter dort. Die Strecke ist sehr sehr weit und entsprechend fühlt sich das jetzt für uns an. Wir werden jetzt das Boot fit machen und alle Hohlräume mit Proviant vollstopfen. Diesel und Gas haben wir schon gekauft. Wasser wird wieder mal eine Herausforderung. Mal sehen wieviel wir bunkern können. Dass wir 100%ig auf den Azoren bunkern können, steht auch noch in den Sternen. Wir haben ja gelernt, dass sich jeden Tag alles ganz schnell ändern kann. Zum anderen werden sicher über hundert Yachten in einem relativ kurzem Zeitfenster dort ankommen. Üblicherweise kann man Anfang - Mitte Mai losfahren. Viel hängt einfach auch von den Wetterverhältnissen auf dem Nordatlantik ab. Wir werden uns professionell beraten lassen. Über das Satellitentelefon können wir E-Mails empfangen. Alle paar Tage gibt es dann Empfehlungen über die nächsten Punkte, die man anlaufen sollte, um das beste Wetter zu haben. Wir werden unseren Standort auch regelmäßig weitergeben und in unserem Blog zwischendurch berichten, wie es uns geht. Mehr als drei Zeilen gehen allerdings nicht.
So, das erstmal zur momentanen Lage auf Antigua. Ute kontrolliert unsere Lebensmittel und schreibt alles akribisch auf, damit wir es auch wiederfinden. Ich werde gleich den Diesel-Vorfilter wechseln. Dann gehen wir wieder mal einkaufen. 



Über diese Wolken freuen sich die Segler auf See! 😖


2 Kommentare:

  1. Oh Mann. Das ist alles unglaublich. Da plant man sowas quasi ein ganzes Jahrzehnt und dann gibt es eine Pandemie solchen Ausmaßes.
    Da fällt nicht mal mir was lustiges ein, was man schreiben könnte.
    Ich durfte euch ja bis Madeira begleiten und da war die Überfahrt zu zweit schon auch Thema. Ob man lieber doch noch jemanden für die Überfahrt mitnimmt. Aber ich habe keine Bedenken gehabt, dass ihr das schafft. Diese Situation ist aber mal eine ganz andere Hausnummer. Ich wünschte, ich könnte euch irgendwie helfen. Aber ich kann leider nur sagen: passt auf euch auf. Ich denke an euch. Und wenn ihr nachts in den Himmel schaut und da seht ihr einen etwas schrägen Stern, der sich in kein Sternbild einordnen will, dann stellt euch einfach vor, dass ich das bin, die an euch denkt.

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  2. Guten Morgen, ja Andrea bringt es sehr gut auf den Punkt. Beim Segeln und auch bei der Vorbereitung einer solchen Reise sind Geduld, Weitsicht und eine gewisse Gelassenheit/innere Ruhe sehr wichtige Tugenden. All diese Tugenden legt ihr an den Tag in allen Situationen. Wenn man euren Bericht liest werdet ihr auch dieses sicherlich nicht ungefährliche Abenteuer ohne größere Probleme bewältigen. Ihr hattet bisher eine tolle und problemlose Reise, ich drücke euch die Daumen, dass dies auch für die vorerst letzte Etappe so bleiben wird. Sollten sich die Flughäfen vorher auftun und Ute nach Hause wollen/können, so stehe ich in den Startlöchern, habe noch meinen kompletten Jahresurlaub zur Verfügung. Alles Gute, Thorsten

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