Freitag, 24. Juni 2022

Biskaya

Das Wetter ist für den Fahrtensegler sehr wichtig. Das Wetter bestimmt die zukünftigen Reisepläne. Das erste am Morgen, bei der ersten Tasse Kaffee ist das Wetterstudium. Gerade dann, wenn lange Passagen anstehen. Die Biskaya ist dazu noch eine besondere Seestrecke. Durch den steilen Anstieg des Kontinentalsockels von 4500m auf wenige hundert  Meter können die Wellen höher und steiler werden. Deshalb empfiehlt es sich bei schönem Wetter über die Biskaya zu fahren. Für den Zeitpunkt, um mit Dirk über die Biskaya zu fahren, sah es zunächst sehr gut aus. Je näher der Zeitpunkt rückte, je schlechter waren die Prognosen. Sehr verunsichernd war allerdings, dass alle fünf Stunden oft gegensätzliche Prognosen mitgeteilt wurden. Für die Überquerung benötige ich min. 2,5 Tage. Für diesen Zeitraum sollte die Vorhersage stimmen. Irgendwann nervt dieses warten auf den richtigen Zeitpunkt. Natürlich immer dann, wenn sich kein Wetterfenster zeigt. Als wir in unseren Vorbereitungen sahen, dass genau in unserem Zeitfenster ein Sturm über die Biskaya ziehen soll, hat Dirk seine Flüge storniert. Tatsächlich habe ich wegen Regen und viel Wind 2 Tage im Schiff gesessen. In den Nachrichten wurde auch von einem verstärktem Einsatz der Rettungskräfte an der französischen Atlantikküste berichtet.

Links der Tiefdruckwirbel mit Zentrum über der Fata Morgana, rechts die entstehenden Wellen


Also, kein Wetter für die Biskaya. Nach Regen kommt Sonnenschein, oder zumindest leichter bis gar kein Wind. Das war dann am Dienstag genau das Wetterfenster, das ich für die Überquerung brauchte. Ich hatte nur drei Tage bis zum nächsten Sturm. Am Montag fuhr ich noch nach Camaret sur Mer und legte mich bei 5 bft an eine Boje und wurde über Nacht ordentlich durchgeschaukelt. Eine gute Vorbereitung für die Biskaya. Um 6 Uhr, am nächsten Morgen legte ich ab. Segel hoch, Kurs anlegen, bei leichtem Gegenstrom ging es hinaus auf den Atlantik. Der Sturm hat anfänglich nur eine kleine Welle übrig gelassen. Sehr angenehm. Der Wind schlief allerdings immer mehr ein. Da ich ja allein unterwegs war, musste ich natürlich auch Tag und Nacht Wache gehen. Eine Nacht geht ja immer. Mehr als zwei Nächte sollten es auch nicht werden. Somit versuchte ich immer über 6 Knoten zu fahren, um am Donnerstag gegen Mittag in Galizien anzukommen. 90 % der Strecke fuhr ich dann auch mit Maschinenkraft. Leider. Wie schön wäre doch ein guter Wind, mit dem ich ruhig durch die Wellen segeln könnte. Leider hatte ich bisher kaum Gelegenheit für dieses Vergnügen. Nach dem Kontinentalsockel begleiteten mich auch die ersten Delfine. Stundenlang tollten die kleinen Tümmler um mein Boot herum. 
Vor der ersten Nachtschicht kochte ich noch für zwei Tage eine Gemüsesuppe. Eine heiße Suppe tut zwischendurch einfach gut. Die Nächte sind zur Sommersonnenwende am kürzesten. Das kam mir natürlich sehr gelegen. Um 23 Uhr wurde es erst richtig dunkel. Das Radar und das AIS - Gerät warnten mich sehr frühzeitig, wenn andere Verkehrsteilnehmer meine Kursline kreuzten. Ich habe das tagsüber ausprobieren können. Auch Segler ohne AIS, hat das Radargerät bei einer Entfernung von 6 Seemeilen erkannt. Das gibt Vertrauen. Der Autopilot hält sich genau an der zuvor gesteckten Kurslinie. Ich brauchte nur einmal den Kurs korrigieren, um einem Fischer auszuweichen. Um die Nacht zu überstehen stellte ich den Wecker auf 25 Minuten. Also, immer 25 Minuten die Augen schließen. Dann alles kontrollieren. Dann wieder 25 Minuten Nickerchen machen.

Land in Sicht. Cedeira voraus. Endlich

In der ersten Nacht fuhr ich durch ein wenig befahrenes Gebiet. Tatsächlich traf ich auf nur vier Schiffe.
So ging es auch durch den nächsten Tag in die zweite Nacht. Die zweite Nacht war schon besonders, weil mich min. 5 Stunden Delfine begleiteten. Besonders am Bug drehten sie ihre Pirouetten. Dort konnte ich die Kunststücke im grünen bzw. roten Navigationslicht beobachten. Zwischendurch tauchte der große Wagen auf und der Neumond ließ sich auch mal sehen. Die kalte Luft ließ mich allerdings nicht lange an dem Schauspiel teil haben. Schnell zog es mich immer wieder in den Salon zurück.  Interessant war, dass ich gar nicht so erschlagen müde wurde wie befürchtet. Am zweiten Tag nahm allerdings die Dünung stark zu. Auf und ab ging es mit Maschinenantrieb durch die graue See. Die Sonne ließ sich leider nur selten sehen. In der zweiten Nacht wurden die Schiffsbegegnungen dann häufiger. Mein Computer zeigt mir immer zuverlässig an, wann, wie nah ich das andere Fahrzeug begegne. Das trifft auf Fischern nicht immer zu, da diese nicht immer mit gleicher Geschwindigkeit den gleichen Kurs fahr.
Am Donnerstag um 10 Uhr konnte ich endlich Land sehen. Nur sehr schwer konnte ich die schroffe Küste in den Wolkenschleiern erahnen.


Bei Sonnenschein sieht die Ankerbucht sehr schön aus. Bewaldete Hänge mit kleinen Dörfchen und kaum bewegtes Wasser. Erstaunlich, weil die Atlantikwelle genau in diese Bucht rollt.


Ein tolles Abenteuer wird mit diesem schönen Ankerplatz belohnt. Längere Passagen möchte ich allerdings nicht alleine segeln. Diese 25 Minuten- Rhythmen sind sehr anstrengend.  







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