Drei Tage haben wir in Lissabon auf das richtige
Wetterfenster gewartet. Noch vor Sonnenaufgang fuhren wir auf den Tejo. Es war
stock dunkel. Wir mussten früh weit nach Westen fahren um nicht in dem sich am
Morgen bildenden Flautenloch hängen zu bleiben. Hinter uns ging die Sonne auf,
der Seegang am Cabo Raso nahm zu und wir fanden dann auch das angesagte
Windgebiet. Mit 7,5 kn segelten wir weiter Richtung Westen zum
Verkehrstrennungsgebiet. In diesem Bereich werden viele Frachtschiffe in „Fahrspuren
getrennt“. Diesen mussten wir queren und somit zwischen den Frachtschiffen
hindurchschlüpfen. Nach 2 Stunden segelten wir plötzlich in eine Nebelbank. Das
war nicht vorhergesagt und ist 10 Seemeilen vor einem Verkehrstrennungsgebiet ziemlich
unangenehm. Mit Radar, Kartenplotter und weit aufgerissenen Augen ging es weiter.
Wenn man weiß, dass der Nebel nach kurzem wieder aufhört kann man mal damit
leben. Diese Ungewissheit und die von Weitem erschallenden Nebelhörner der
Frachtschiffe drücken schon sehr aufs Gemüt. Nach
drei Stunden, genau da wo wir auf den ersten Frachter stießen, lichtete sich
der Nebel.
Hinter uns geht die Sonne auf. Eine Stunde nach Lissabon |
Die Sonne setzte sich immer mehr durch. Mit leichten nordwestlichen Winden fuhren wir auf Porto Santo zu. Auf dem Navigationsgerät standen
noch 480 Seemeilen. Das bedeutete für unsere derzeitige Geschwindigkeit noch 89
Stunden. Also ganz entspannt zurück lehnen, wir haben noch viel Zeit. Die See
war nach den letzten Starkwindtagen mit 2,5 – 3 m noch sehr hoch. Das Schiff
rollte ordentlich in den von schräg hinten anlaufenden Wellen. Der Körper
gleicht unentwegt diese Bewegungen aus. Alle Muskeln werden immer an – und entspannt.
Irgendwann werden allerdings die Sitzhöcker beansprucht. Dann mag man nur noch
liegen ;-))
Am Nachmittag wechselten wir die Segel, weil der Wind abnahm
und immer mehr nach achtern drehte. Mit dem Blister ging es ein paar Stunden
weiter. Wenn der Wind immer mehr abnimmt wird das Schiff durch den Segeldruck
nicht mehr so sehr gestützt. Somit nehmen die Rollbewegungen immer mehr zu.
Gegen Abend wechselten wir auf die ausgebaumte Genua. So fuhren wir dann auch
bis nach Porto Santo.
Der Mond im Seegang mal etwas länger belichtet |
Unterwegs. Rundherum nur Meer. |
Die erste Nacht war klar, mit einem hellen Mond und einer
großen leuchtenden Milchstraße über uns. Der Wind kam immer aus der gleichen
Richtung und die Windfahnensteuerung hielt zuverlässig den Kurs. Genau diese
Bedingungen brauchten man für eine ruhige Nachtwache. Da wir zu dritt waren, kamen
wir mit einem Drei- Stunden- Wachrhythmus aus. Danach hatten wir jeder 6
Stunden Zeit um uns auszuschlafen.
Sehr spannend ist bei diesem Seegang das Zubereiten des warmen
Abendessens. Dann wünscht man sich ein Oktopus zu sein. Man sucht sich einen stabilen
Stand, federt mit den Knien immer schön mit und versucht die Speisen zu halten und
zu schneiden. Dann alles schnell ab in den Topf und in die Pfanne. Leider kommen die Wellen nicht immer gleich.
Jede achte Welle ist anderthalb mal so hoch, bricht sich und tritt einem mit
voller Wucht in den Hintern. Das Schiff dreht sich mit Schwung und Reis, Gabel
und Messer wollen gerne durchs Schiff fliegen. Der kardanisch aufgehängte Herd
schwingt dann bis zum Anschlag durch. Wehe dem Koch, wenn er jetzt die Geduld
verliert. Irgendwann sind das Huhn und der Reis fertig. Die nächste Stufe ist
das Essen zu servieren und zu sich zu nehmen. Man versucht immer den richtigen
Moment zu finden die Speisen aufzufüllen, und den Weg ins Cockpit unbeschadet
zu meistern. Hier hält jeder seinen Teller und sein Besteck in der Hand lässt
sich auf der Bank nieder und genießt die hart erkämpfte Mahlzeit. Die dritte
und letzte Stufe ist das Spülen. Bisher ist allerdings nur ein Teller zu Bruch
gegangen.
Nachts wir es immer deutlich kühler. Dick eingepackt saßen
wir im Cockpit und hielten den Horizont im Auge. In der ersten Nacht tauchten
immer mal wieder Frachter auf. Es ist spannend und interessant diese zu
beobachten. Mit scharfem Blick und bewaffnet mit einem Fernglas schaut man wer
noch so in tiefer Nacht unterwegs ist. Das Navigationsgerät zeigt einem
zusätzlich die Geschwindigkeit und den genauen Kurs an, damit man entscheiden
kann was zu tun ist.
Wirklich wunderbar ist das Leuchten im Wasser wenn durch Wasserbewegungen
fluoreszierende Mikroorganismen ihre Neonröhren einschalten. Im Heckwasser
leuchtet es immer sehr stark. Verträumt sitzen wir dann im Heck und beobachten
dieses Phänomen. Spektakulär wird es, wenn uns Delfine begleiten und das Wasser
neben uns zum Leuchten bringen. Überall bilden sich leuchtende Bänder im Wasser
die durch den Flossenschlag der Delfine entstehen. Das alles macht die
Nachtwache kurzweilig.
Die zweite Nacht verlief ähnlich. Der Seegang nahm auf etwas
unter 2 m ab und der Wind blieb stabil auf 5 Bft. Nur mit einem Segel fuhren
wir immer zwischen 6 und 7 Knoten. Wir kamen also gut voran. In der dritten Nacht
war kein einziges Schiff zu sehen. Zudem
war es sehr stark bewölkt, weshalb der Sternenhimmel nur zum Teil und der
aufgehende Mond gar nicht zu sehen war. Es war sehr dunkel im Cockpit. Besonders
belohnt wird natürlich derjenige der bei Sonnenauf – bzw. –untergang Wache hat.
Diese Erlebnisse sind mit Worten kaum zu
beschreiben.
Am Tage machten wir immer nach Lust und Laune Wache. Wir
hielten uns fast immer gemeinsam im Cockpit auf. Wir drei haben diese Zeit sehr
gut überstanden. Zur Vorsicht haben wir alle zu
Beginn der Überfahrt eine Tablette gegen Seekrankheit genommen. Wenn man
dann immer gut darauf achtet zu Essen und zu Trinken hat die Übelkeit nicht
mehr so eine große Chance.
Am vierten Tag gegen
10 Uhr hatten wir Porto Santo in Sicht. Es ist schön das Ziel von den ersten
Umrissen, die nach und nach immer deutlicher werden, bis zur Ankunft im Hafen
zu beobachten. Die Vorfreude und die Spannung einen neuen Ort zu erkunden
wächst und natürlich ist man auch stolz darauf wieder eine Etappe geschafft zu
haben.
Land in Sicht. Ein schönes Gefühl nach dreieinhalb Tagen |
Während ich hier so schreibe sind wir gerade auf dem Weg nach Madeira. Diesmal sind wir nicht nur von Delfinen begleitet worden, sondern vor ein paar Minuten ging ein großer Wunsch von Thomas in Erfüllung: eine Fontäne spritzte und ein Finnwal kam zum Vorschein.
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